Die Frage, warum WordPress so viel populärer ist, bleibt also nach wie vor spannend.
Beide Systeme waren im Jahre 2005 etwa gleichauf, wurden immer wieder in Zeitschriften oder Sonderheften beworben. Die Schere ging erst mit den Migrationen und einer Reihe von Sicherheitsproblemen auseinander.
Der erste Schritt von 1.0 auf 1.5 wurde von den meisten Nutzern noch als notwendig erachtet, obwohl es auch viele kritische Stimmen gab, warum dies mit einem externen Tool (mtw migrator) vorgenommen werden mußte und kein eigenes Script von Joomla kam.
Bei Joomla 2.5 war der Wegzug schon etwas größer. Private Nutzer und Firmen stellten sich gleichermaßen und vermehrt die Frage, ob dieser Aufwand nun bei jedem Versionswechsel nötig werden würde. Und nicht wenige kalkulierten ganz nüchtern: Dann einmal den Wechsel auf Wordpress oder ein anderes System ohne diese Migrationen. Zu dieser Zeit ging meiner Erinnerung nach auch der Verfall im Joomlaportal los und viele etablierte Supporter wendeten sich von Joomla ab.
Bedingt durch nicht aktualisierte und verwaiste Webseiten gab es eine große Welle von Hacks, die sich negativ auf die Presse über Joomla auswirkte. Joomla war plötzlich "unsicher" und Hoster waren wenig begeistert, plötzlich massenhaft Pakete und Postfächer sperren, Kunden anschreiben zu müssen. Engagierte Mitglieder der deutschen Joomla Community gaben daraufhin Filterregeln für die Firewalls der Hoster heraus mit denen auch unsichere Seiten erst einmal geschützt werden konnten. Ohne dies, wäre der Schaden wohl noch viel größer gewesen.
Natürlich hatte auch Wordpress in dieser Zeit mit vielen Sicherheitsproblemen zu kämpfen, aber es wurde von der Presse weniger aufgegriffen, oder ging in anderen Meldungen unter. Insgesamt gaben immer mehr Webbaukästen wie "Wix" und Co. in Mode und Hoster versuchten sich damit am Markt zu etablieren.
Für Joomla 3.x könnte ich den Text von oben kopieren, der nächste große Wechsel, die nächste Verringerung der Nutzerzahl. Nicht weil das System nichts zu bieten hatte, sondern weil sich die Nutzer keinen Umstieg leisten wollten oder konnten. Das Joomlaportal bestand praktisch nur noch aus Spam und die Supporter kamen mit dem Löschen kaum noch nach und gaben irgendwann frustriert auf. Wer eine Frage zu Joomla hatte, musste dieses aktive Forum hier überhaupt erst einmal finden.
Joomla 4? Läuft bei mir rund, ich kann mich nicht beklagen. Das neue Backend ist gewöhnungsbedürftig, aber es funktioniert gut. Die Seiten sind mit dem Framework von Yootheme sehr schnell und mit dem Custom Fields kommt man oft ganz ohne zusätzliche Erweiterungen aus. Ob und wie viele ehemalige Nutzer zurückkommen muss sich erst zeigen.
Und Wordpress? Die hatten schon geraume Zeit Unterstützung von Google, konnten großen Migrationen aus dem Weg gehen und investierten sehr viel Zeit in "stille" Upgrades die ohne Aufwand für die Nutzer "einfach so" per Aktualisierung durchliefen. Aus Sicht vieler Nutzer haben sie damit den für Sie "besseren" Weg gewählt, aber dafür eben auf Kosten einiger Altlasten / Kompatibilitäten die nötig waren um dies zu erreichen. Der Aussage von Re:Later muss ich allerdings widersprechen, der Code insgesamt ist sehr wohl aktuell, Wordpress lief schon viel früher mit PHP 8 als Joomla. Die Aussage vom "alten Code" bezieht sich auf eine Reihe von oben genannten "Eigenheiten", die sich auf die Kompatibilität beziehen (z.B. Plugins und deren Shortcodes im Content, Einträge in der Konfiguration usw.).
Hat es Wordpress besser gemacht? Kann man pauschal wohl nicht sagen, aber die Nutzer haben damals mit ihren Füßen abgestimmt.
https://trends.google.de/trends/explore?date=all&geo=DE&q=Joomla,Wordpress